Der Ursprung des Walliser Trockenfleisches geht bis in das 14. Jahrhundert zurück. Heute sind Molinaris Trockenfleisch, Rohschinken und Würste nach wie vor sehr gefragt und weitherum bekannt. In seinem Ristorante in Simplon Dorf serviert er seine Köstlichkeiten, in seiner Metzgerei in Brig verkauft er sie, und durch seinen Online-Shop verschickt er sie in alle Ecken der Schweiz. In all seinen Spezialitäten stecken 100 Prozent Schweizer Fleisch, die richtige Portion Salz, Gewürze aus seinem Garten sowie viel Liebe und Erfahrung. Und laut eigenen Aussagen hat ihn nur «das viele Üben zum Meister gemacht».

Mit eigenwilligkeit gesegnet

Molinari ist nicht wirklich Metzger, aber Koch und Diätkoch. Er weiss deshalb, was schmeckt. Er ist aber auch mit Mut, Eigenwilligkeit, Hartnäckigkeit und einer Portion Selbstsicherheit gesegnet. Sonst stünde er nicht da, wo er jetzt ist. In seinen jungen Jahren hat er weder als Koch noch als Metzger gearbeitet: Er war bei den Grenzwachten in Schaffhausen, Basel, Genf, Bern – und mit Frau, Kind und Kegel auch in Moskau. Dort war er als Visumssachbearbeiter tätig, und dort ist auch eines seiner Kinder zur Welt gekommen. Zurück in der Schweiz, ist der leidenschaftliche Jäger, der sein Fleisch schon immer selbst bearbeitet hat, auch hauptberuflich «auf das Fleischen gekommen» – er machte sein Hobby zu seiner Berufung. «Mit Oswald Jordan habe ich viel geschlachtet», blickt er zurück. Und auch Martin Murmann aus Naters hatte mitgeholfen beim «Pröbeln, mal dies, mal das». Es ist ihm wichtig, diese beiden Namen erwähnt zu wissen, die beiden Männer haben ihn offenbar auf seinem beruflichen Weg geprägt.

Fast von der Frau rausgeworfen

Nachdem ihn die Testesserinnen und Testesser immer mehr ermuntert haben, seine Fähigkeiten doch besser auszuschöpfen, begann Fabian Molinari Trockenfleisch, Rohschinken, Trüffel-Rohschinken, Würste und Speck herzustellen. Irgendwann mal kaufte er sich dann einen Räucherofen, «da hat mich meine Frau fast aus dem Haus geschmissen, weil es dermassen gestunken hat».

Etwas später, im Jahr 2016, kaufte er in Simplon Dorf das alte Haus von Clemenz Arnold, dessen Räumlichkeiten er für Degustationen nutzen und umbauen lassen wollte. Das ehemalige Hauptmanngebäude von Simplon Dorf wurde 1715 erbaut und steht unter Denkmalschutz. Ein benachbarter Restaurantbesitzer, der sich wohl vor Konkurrenz fürchtete, machte ihm klar, was es alles braucht, um ein Haus in ein Restaurant verwandeln. «Das brachte mich dann auf die Idee, tatsächlich ein Restaurant zu eröffnen», sagt Molinari lachend. In seinem «Ristorante Molinari», ohne fixe Öffnungszeiten, bekocht er nun Gäste auf Anmeldung und führt Workshops durch, in denen Feinschmeckerinnen und Feinschmecker ihr eigenes Trockenfleisch herstellen können. Letztes Jahr kaufte sich Molinari zudem das seit längerem leerstehende Hotel Bellevue auf dem Simplonpass. Vorerst dient das grosse ehemalige Hotel-Gebäude nur zum Trocknen seines Fleisches, sommers draussen, winters drinnen. Später einmal will er das Hotel ausbauen lassen und auch hier Gäste empfangen.

Im Ristorante Molinari Sempione in Simplon Dorf finden die Workshops statt. © Sedrik Nemeth

Höchste Fleischtrocknerei

«Mit 2005 Metern über Meer ist es die höchste Fleischtrocknerei Europas», so Molinari stolz. Die gute Luft schlägt sich – davon ist er überzeugt – positiv auf die Qualität seiner Fleischwaren nieder. Im Winter, wenn es kalt wird, trocknet Fabian Molinari die feuchten Bellevue-Räume mit einem alten Ofen, damit das Fleisch optimal reifen kann. Die richtige Temperatur ist besonders wichtig, damit sich ein Edelschimmel bildet, der dafür sorgt, dass das Fleisch bakterienfrei bleibt. Der Raum darf nicht mehr als 10 bis 12 Grad kühl sein, die Luftfeuchtigkeit darf 72 Prozent nicht übersteigen.

In vier Monaten genussreif

Fabian Molinari arbeitet durch und durch nach alter Tradition. «Mein Fleisch enthält kein Pökelsalz», betont er, «ich salze nur mit Salz aus Bex.» Einmal eingesalzen, fügt er Kräuter aus seinem Garten, etwa Lavendel, Thymian, Majoran, Salbei hinzu. Den Pfeffer kauft er zu, weil dieser auch im sonnigen Wallis nicht gedeihen will. Zwei bis vier Monate, je nach Luftfeuchtigkeit und Fleischstück, trocknen die Delikatessen schliesslich in luftiger Höhe. Molinaris Angebot ist originell: Trockenfleisch, Rohschinken mit oder ohne Trüffel, Würste mit Trüffel, Peperoncini, Randen, Lauch oder Aprikosen sowie Trockenspeck und Schweinshals mit Brennnessel. In seinem Shop gibt es auch selbstgemachte Konfitüre von seiner Mutter zu kaufen.

Sind die Fleischstücke reif für den Verkauf oder brauchen sie noch etwas Trockenzeit? © Sedrik Nemeth

Liebevolles wenden

Der Weg zum Trockenfleisch ist ein langer und anspruchsvoller. Molinari erhält vom Metzger die Fleischstücke zugeschnitten, so wie er sie haben möchte. Von da an übernimmt er das Zepter. «Als erstes prüfe ich die Qualitätskriterien des Fleisches. Dann schnüre ich das Stück und wäge es, um die Menge des Salzes und Gewürzes zu bestimmen.» Danach wird das Fleisch mariniert, nicht in Öl, sondern trocken in Salz und Gewürzen. In einem wasserdichten Behälter wandert das zukünftige Trockenfleisch in den Kühlschrank, wird dann jeden zweiten Tag liebevoll gewendet und nach 10 bis 12 Tagen wieder aus dem Kühlschrank geholt. Anschliessend geht es weiter auf den Simplonpass in die naturbelassene trockene Luft. Dort hängt das Trockenfleisch für zwei bis vier Monate – bis es Genussreife erlangt.

www.molinarisempione.ch