Dass sie eine echte Thurgauerin ist, erkennt man sofort an ihrem Dialekt und ihrer Passion fürs Wasser. «Der Bodensee hat meine Kindheit und Jugend geprägt und bis heute berührt mich seine Weite. Dem Thurgau bin ich auch als Mitglied der Ankaufskommission des kantonalen Kunstmuseums verbunden» sagt sie. Auf die Frage, ob Kunst Luxus oder notwendig sei und was ihr Kunst bedeute, antwortet sie dezidiert: «Es geht mir komplett gegen den Strich, wenn die Begegnung mit Kunst exklusiv gehalten und nur für einen eingeweihten Kreis zugänglich gemacht wird. Natürlich kann ich es nachvollziehen, dass es reizvoll ist, als Insider zu gelten, aber grundsätzlich halte ich Kunst für etwas Demokratisches, da sie für jede und jeden relevant sein kann.»

Art as Connection, Vernisssage, Aargauer Kunsthaus, Aarau, 23. Oktober 2021. (c) Alex Spichale

NAH AM PUBLIKUM
Berufliche Stationen führten Katharina Ammann von den Kunstmuseen Solothurn und Chur ans Schweizerische Institut für Kunstwissenschaft in Zürich (SIK-ISEA). «Für mich bedeutet der Schritt von SIK-ISEA ins Aargauer Kunsthaus ein Zurückkommen. Ich war ja früher bereits kuratorisch tätig. Die Museumsarbeit sagt mir sehr zu, und abgesehen davon, besteht ein enger Zusammenhang zwischen den beiden Gebieten Forschung und Vermittlung. Für ein breiteres Publikum zu arbeiten, das macht für mich den Reiz aus», führt sie aus.

(c) Georg Aerni

JAHR IM ZEICHEN DER SAMMLUNG
2022 steht im Zeichen der Sammlung, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet wird. Über queere und feministische Neubewertungen und über den Blick auf die inhaltlichen Schwerpunktverschiebungen, die wichtige Neuzugänge in der Sammlung bewirken, gipfelt das Ausstellungsjahr in einer neuen Publikation zur Sammlung, die anfangs 2023 erscheinen wird. Die Direktorin setzt sich stark dafür ein, dass das Publikum ein noch grösseres Bewusstsein erhält, welcher Schatz hier im Aargauer Kunsthaus mit dieser einmaligen Sammlung mit Fokus auf Kunst in der Schweiz liegt.

(c) Georg Aerni

GESELLSCHAFTLICHER DISKURS
Sie möchte auch das jüngere Publikum mit neuen Vermittlungsangeboten noch besser ansprechen und die Sammlung digital breiter präsentieren. Die Bilder und Werke sollten virtuell, für Kinder und Jugendliche spielerisch zugänglich sein, denn Kunst ist für sie Teil des gesellschaftlichen Diskurses. Kunst reflektiere die grossen Themen unserer Zeit und bringe mit ihren Mitteln differenzierte und ungewöhnliche Aspekte in die Diskussion ein. Als Beispiel nennt Katharina Ammann die aktuelle Ausstellung «Art as Connection», die im Kollektiv mit den Kunstschaffenden entstanden ist – sie widmen sich Themen, die sie während der Zeiten der sozialen Isolation besonders beschäftigt haben. «Kunst ist Verbindung (Art is Connection) und kann uns als Gesellschaft zusammenhalten und beleben.»

(c) Georg Aerni

«ART AS CONNECTION»
In «Art as Connection» setzen sich Künstler mit den Auswirkungen der Pandemie auf Kunst und Gesellschaft auseinander. Entstanden ist eine überaus faszinierende, experimentelle und offen angelegte Präsentation aus den verschiedensten Blickwinkel der Künstler. Die Werke greifen bereits vorhandene politische, soziale und künstlerische Fragestellungen auf, die sich durch die einschneidenden Massnahmen und die Herausforderungen des vergangenen Jahres zugespitzt und verstärkt haben. Die Pandemie hat bestehende Probleme und Missstände in der Gesellschaft besser sichtbar gemacht.

(c) Georg Aerni

RESTART NACH DEM LOCKDOWN
Mitten in der Pandemie trat Katharina Ammann im Sommer 2020 die Leitung des Kunsthauses an. Das Museum öffnete damals nach dem Lockdown erst wieder seine Türen. «Vier Ausstellungen und eine weitere Schliessung später können wir sagen: Das Bedürfnis nach dem Austausch mit und über die Kunst war und ist gross.» Sie ist besonders stolz darauf, dass alle vier Ausstellungen und die aktuelle Ausstellung «Art as Connection» ohne Zwischenfälle bewältigt werden konnten. «Die Schliessung des Kunsthauses hat zudem einen digitalen Schub ausgelöst – es gab virtuelle Rundgänge, Live- Online-Workshops oder gestreamte Veranstaltungen. Unsere digitale Strategie wurde aber bereits vor dieser Zeit aufgegleist und wir gehen gerade mit den ‹Magischen Fenstern› – einem neuen Rundgang durch die Sammlung – in die nächste Phase und testen, was Augmented Reality in einem Kunsthaus leisten kann.» Gerade auch bei einem jüngeren Publikum komme dies gut an, das Interesse sei hoch. «Durch unsere digitalen Angebote, welche tausende von Menschen von zu Hause aus verfolgt haben, konnten wir den Kontakt zum Publikum aufrechterhalten. Jetzt kommen die Menschen wieder zurück ins Museum», freut sie sich.

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