In Seefeld klackt es im Winter tagsüber ununterbrochen. Die Geräusche stammen von Menschen, die in ihrer Sportmontur und speziellen Schuhen durch die Gassen der Altstadt eilen: Langläuferinnen und Langläufer, auf dem Weg ans Ende der Fussgängerzone. Dort beginnen die Loipen des langlaufverrückten Ortes im Tirol. Insgesamt gibt es davon über 245 präparierte Kilometer. In den nächsten Stunden lerne ich einige davon kennen – und das als blutiger Anfänger.

Im Diagonalschritt

Ganz alleine auf mich gestellt bin ich dabei zum Glück nicht. Langlauf-Coach Dominik Terzer von der Seefelder Skischule Cross Country Academy steht mir zur Seite und führt mich in die mir unbekannte Sportart ein. Terzer ist wohl das, was man den Prototypen eines Langläufers nennt: Jung, gross, schlank. Jahrelang bestritt er auf Profiniveau Wettkämpfe, ehe eine Krankheit ihn zum Rücktritt zwang. Nun gibt er seine Passion an Interessierte wie mich weiter. Nach dem obligaten Aufwärmprogramm folgen diverse Übungen auf den ungewohnt schmalen Latten. Ich fühle mich ziemlich wacklig auf den Beinen. Immerhin gibt die vorgespurte Loipe etwas Sicherheit und Halt. Als Anfänger absolviere ich einen Kurs für den klassischen Stil. «Für den Einstieg ins Langlaufen ist dieser in der Regel vorteilhafter, weil man sich in den vorgefertigten Spuren bewegt», sagt Dominik Terzer. Als Technikgrundlage dient der Diagonalschritt. Das geht dann so: Linker Arm mit dem Langlaufstock nach vorne, mit dem rechten Bein eine Vorwärtsbewegung machen und das linke Bein nach hinten durchstrecken. Danach natürlich jeweils die Seiten wechseln. Und ganz wichtig: Immer fest mit den Füssen abstossen. Von aussen betrachtet erinnert das alles ein wenig an ganz normale Schritte. Dass aller Anfang schwer ist, zeigt mein Sturz gleich zu Beginn des Kurses – aber aus Fehlern lernt man ja bekanntlich.

WInterwandern Leutasch
Die Wege für Winterwanderungen sind präpariert. © Region Seefeld

Auf den Loipen der Profis

Die Basis ist also gelegt und schon geht es los auf die erste grosse Runde. Das Vorwärtskommen klappt eigentlich schon ganz gut, wäre da nur nicht die in den vergangenen Jahren etwas gar vernachlässigte Kondition. Schnaufend und schwitzend bewege ich mich nach vorne, sehe rechter Hand mit dem Seekirchl das beliebteste Fotosujet in Seefeld und versuche gleichzeitig, mich gleichmässig zu bewegen. Langsam nähern wir uns einer historischen Stätte: Der WM-Arena. Eine der modernsten Biathlonanlagen Europas mit zwei Sprungschanzen und kilometerlangen Langlaufloipen, die an ein Beschneiungssystem gekoppelt sind. Seefeld und die Ortschaften Leutasch, Mösern, Reith und Scharnitz trugen früher zusammen auch den Namen Olympiaregion Seefeld. Das kommt nicht von ungefähr. 1964, 1976 und 2012 (Jugend-Winterspiele) war Seefeld dreimaliger Olympiaaustragungsort der nordischen Wettbewerbe. 1985 war die Region zudem Gastgeber der Nordischen Skiweltmeisterschaften und seit langem alljährliche Station im Nordischen Weltcup. Weltmeisterlich oder gar wie ein Olympiateilnehmer fühle ich mich bei weitem nicht. Besonders nicht in den Momenten, in denen versierte LangläuferInnen an mir vorbeisausen.

Euphorie garantiert

Das bringt mich aber nicht aus der Ruhe. Stattdessen lasse ich mich beim Diagonalschritt von der Sonne wärmen und geniesse die angenehme Anstrengung. Positiv stimmt mich Folgendes: Offenbar ist es möglich, auch als Anfänger bereits nach kurzer Zeit seine Runden auf den Langlaufskis zu drehen. Am Ende des Kurses bin ich auch bei weitem nicht mehr so wackelig auf den Beinen wie zu Beginn. Als Belohnung dafür gibt es das bei der Bewegung in der Natur langsam aufkommende Gefühl der Euphorie gratis dazu.

Text: Markus Fässler

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