Mehr Vorbilder
Noch zu wenige Frauen wagen es, hohe Gipfel zu erklimmen. Es braucht mehr Vorbilder. Schweiz Tourismus setzt nun auf Angebote nur für Frauen.
Noch zu wenige Frauen wagen es, hohe Gipfel zu erklimmen. Es braucht mehr Vorbilder. Schweiz Tourismus setzt nun auf Angebote nur für Frauen.
Sehr lange waren Frauen vom Schweizerischen Alpen-Club (SAC) ausgeschlossen. Erst ab 1980 konnten sie vollwertige Mitglieder werden. Doch auch nach der Öffnung meldeten sie sich nicht in Scharen an. «Damit sich jemand willkommen fühlt, muss man mehr tun, als nur die Türe zu öffnen.» Das sagte Caroline George am Ferientag, dem Branchenanlass von Schweiz Tourismus. George muss es wissen: Sie ist eine der wenigen Bergführerinnen der Schweiz.
Damit Frauen sich in die Berge trauten, brauche es mehr Vorbilder, so Caroline George. «Wenn ich eine Frau auf einem Gipfel sehe, erkenne ich, dass das auch für mich möglich ist.» Doch derzeit seien gerade in der touristischen Werbung kaum Frauen in den Bergen zu sehen: «Männer sind draussen, die Frauen im Spa.» Und wenn Frauen dann einmal bei einer Outdoor-Aktivität gezeigt würden, seien sie hübsch zurechtgemacht. «Doch in den Bergen muss eine Frau nicht gestylt sein, sondern gut ausgerüstet.» Für Caroline George ist darum klar: Die touristische Werbung muss diverser und auch internationaler werden – also mehr Frauen und mehr verschiedene Nationalitäten zeigen und sich nicht nur auf weisse Männer ausrichten.
Das hat auch Schweiz Tourismus erkannt. Denn die Zahlen sind klar: 67 Prozent der Frauen reisen gerne alleine, während das nur auf 37 Prozent der Männer zutrifft. Und auch wenn Paare und Familien verreisen, haben in 80 Prozent der Fälle die Frauen den Reiseentscheid getroffen.
Darum hat Schweiz Tourismus letztes Jahr die Kampagne «100 Prozent Women Peak Challenge» lanciert. Mit Erfolg: Mehr als 700 Bergsteigerinnen aus über 20 Ländern haben alle 48 Viertausender der Schweiz in reinen Frauenseilschaften mindestens einmal bestiegen. Dieses Jahr sorgte ein Weltrekord dafür, dass Frauen Vorbilder in den Bergen haben, mit denen sie sich identifizieren können: Mitte Juni bezwang die längste Frauenseilschaft der Welt das 4’164 Meter hohe Breithorn bei Zermatt. In den Jahren 2023 und 2024 legt Schweiz Tourismus dann den Fokus aufs Velofahren.
Sabina Brack, bei Schweiz Tourismus zuständig für die Kampagnen, sagt zudem: «Wir müssen Angebote schaffen, in denen sich Frauen willkommen und wohl fühlen.» Reine Frauenangebote seien da hilfreich: Da treffen Frauen auf Gleichgesinnte, und es herrscht keine Wettbewerb-Atmosphäre. Zudem sei die Frage nach dem WC-Gang unterwegs weniger peinlich als in einer von Männern dominierten Gruppe. «Das sind kleine Sachen, helfen aber, Frauen zu mehr Outdoor-Aktivitäten zu ermutigen», sagt Brack.
Sabina Brack betont, dass es die eine Zielgruppe Frau nicht gebe: «Die Hälfte der Bevölkerung ist weiblich – die Bedürfnisse der Frauen unterscheiden sich daher je nach Alter, Interessen, Fähigkeiten und finanziellen Mitteln.» Doch gebe es gerade aufgrund des Frauseins Parallelen.
Gerade die allein reisenden Frauen sind eine eher homogene Gruppe: 81 Prozent sind älter als 45 Jahre. Ihre Kinder sind nun schon fast erwachsen, die Karriere ist aufgegleist – diese Frauen legen den Fokus vermehrt auf ihre persönliche Entwicklung. Sie geniessen es, alleine unterwegs zu sein und sich nach niemandem richten zu müssen. Sie haben Zeit und meist auch Geld, sie sind neugierig und motiviert.
Gemeinsam ist den Frauen oft, dass sie überlegt vorgehen, dass sie Risiken abwägen und dass sie Schritt für Schritt lernen wollen, damit sie sich wohlfühlen. «Das ist historisch und kulturell begründet – wenn wir darauf eingehen, können wir Frauen dazu ermutigen, in die Berge zu gehen», sagt Sabina Brack.