Andreas Spörri absolvierte seine Studien in Basel und Wien. Seine internationale Tätigkeit als Konzertdirigent brachte ihn u. a. nach Montreal, Halle, London, Alexandria, Québec, Kairo, Moskau, Paris, Wien und München. Von 1992 bis 2007 war er Dirigent des Hermitage Symphony Orchestra – Camerata St. Petersburg. Seit 2003 leitet er das Wiener Opernball-Orchester und seit 2010 dirigiert er am Wiener Opernball in der Wiener Staatsoper. 1999 gründete er die „Classionata Musikfesttage“, die bis 2017 in Mümliswil SO stattfanden und seit 2018 in Solothurn unter seiner Intendanz und musikalischen Leitung durchgeführt werden.

Andreas Spörri, was treibt Sie an, auch ein Vierteljahrhundert nach der Gründung von Classionata mit gleichem Elan das Festival in Solothurn durchzuführen?

Es ist für mich wie eine Familiengründung, die sich mit den Jahren weiterentwickelt hat. Ich kann mich innerhalb eines finanziellen Rahmens kreativ einbringen mit einem eigenen Festival. Der selbstkreierte Name «Classionata» beinhaltet die Wörter Klassik, Sonate und Passion. Für mich ist Musik ohne Leidenschaft keine Musik! Ich verspüre immer noch das gleiche Feuer in mir.

Sie sind nun 64-jährig. Gibt es schon Nachfolgegedanken, damit das Festival dereinst auch ohne Ihr Mitwirken weiterleben kann?

Konkrete Nachfolgegedanken habe ich noch nicht. Aber innerhalb des Festival-Unternehmens ist es mein Ziel, die Management-Aufgaben anders zu verteilen, um mich teilweise zu entlasten. Ich habe dafür einen neuen Mitarbeiter-Stab in Aussicht. Die Intendanz und die musikalische Leitung bleiben aber bis auf weiteres bei mir.

Was hat sich in den letzten 25 Jahren verändert?

Die Kontinuität ist es, die das Festival vor allem am Leben erhält. Das heisst, das Publikum weiss, was es bei uns erhält, welche Qualität und Vielfältigkeit es jedes Jahr erwarten darf, ohne lange überlegen zu müssen. Das ist das Kapital des Festivals und war von Anfang an unser Ziel. Die Mittelbeschaffung zur Finanzierung ist aber kein Spaziergang. Es braucht dazu Geduld, ein weitreichendes Netz an Beziehungen und die Überzeugungskraft, wofür Peter Kammer, der Mitinitiant des Classionata in Solothurn, seit fünf Jahren verantwortlich ist.

St. Ursen-Kathedrale
Die St. Ursen-Kathedrale. © Peter Widmer

Beim Festival wird klassische Musik geboten. Welches Publikum sprechen Sie besonders an?

Die Besucherzahlen im sinfonischen Bereich sind rückläufig. Früher wurde noch verbreitet Hausmusik gespielt und die Leute hatten einen grösseren Bezug zu diesem Musik-Genre. Das Publikumssegment im Alter ab etwa 45 Jahren muss heute stärker beworben werden. Das wird in der Klassik wohl auch weiterhin so bleiben. Classionata wird nie eine Jugendattraktion werden. Aber das Klassikpublikum stirbt nicht aus, es rücken immer «reifere» Jahrgänge nach, das war auch vor 20 Jahren nicht anders. Viele Junge bekunden Mühe, ein Stadttheater, ein Opernhaus zu betreten, sehen eine Hemmschwelle.

Wie gelingt es Ihnen, auch ein jüngeres Publikum an Ihre Konzerte zu bewegen?

Ich habe 2023 mit der Brass Band Solothurn zusammengearbeitet, die brachte viele Junge in den Konzertsaal. Ich versuche immer, auch einheimische junge Kulturschaffende in die Darbietungen zu integrieren, sie zu Mitwirkenden werden zu lassen. Es ist eine Herkulesaufgabe, aber es geht nur so.

Nach welchen Kriterien wählen Sie das Festivalprogramm aus?

Der Andreas kann das mit dem Spörri zusammen bestimmen! Nach 25 Jahren kenne ich den Geschmack des Festival-Publikums recht gut. Zur Sonntags-Matinée gehören eingängige, bekannte und schöne Melodien. Dazu gehört auch ein Musik-Theater wie 2023 «Die lustige Witwe» von Franz Lehár. Mit der Bühnen-Platzierung des Orchesters auf gleicher Höhe mit den Sängerinnen und Sängern kommt die Musik mehr zum Tragen, als wenn der Klangkörper buchstäblich im Orchestergraben «vergraben» wäre. Mit dem Sinfoniekonzert wage ich mich stets auf ein etwas anspruchsvolleres Terrain; das hat aber gut Platz im Kontext des Festivals.

Welches sind Ihre persönlichen «Favoriten»?

Die späte Klassik und die Romantik gehören zu meinen Kerntätigkeiten. Ich habe auch viele zeitgenössische Werke dirigiert. Aber ich habe im Laufe der Zeit gemerkt, dass ich mich über die emotionale Schiene des 19. Jahrhunderts am meisten einbringen kann.

Können Sie schon etwas verraten zur Classionata-Ausgabe 2024?

Es gibt sicher wieder ein Sinfoniekonzert, und zwar mit Beethoven-Romanzen mit der Schweizer Geigerin Bettina Sartorius. Dann werden am Samstag populäre klassische Werke gespielt, für die Sonntags-Matinée tritt Pepe Lienhard mit seiner Big Band auf und am Sonntagabend um 17 Uhr gibt es Highlights aus Musicals und Operetten zu hören.

www.classionata.ch