Trottinett-Abenteuer statt Alltagstrott, Sensation statt Sitzungsmarathon: Die Reissleine der täglichen Routine zu ziehen, klingt simpel – und macht selig. Denn es ist weniger das Alltägliche, dass das Glück anschubst, sondern das Aussergewöhnliche. Für solche Mini-Fluchten muss (und kann) man nicht gleich die Koffer packen und den Kontinent verlassen: Oft liegen sie vor der eigenen Haustüre, ist man nur neugierig genug, um die Ecke zu denken. Die Gepflogenheiten und gewohnten Gedankengänge über Bord zu bugsieren, befördert nachweislich das Behagen: Wer sich auf Neues einlässt oder gar eine Hürde überwindet, schafft nicht nur neue Verbindungen im Gehirn, sondern sammelt «Taumel der Freude» als Trophäen – als eine Art «Überwindungsprämie». Dafür reichen erwiesenermassen schon Mikroabenteuer, wie die klitzekleinen Komfortzonen-Kitzel heissen.

Im Badeanzug durch die Stadt: die «Heissen Brunnen» in Baden. © SCHWEIZ TOURISMUS, CHRIS MEIXNER

Nacht nährt Neugierde

Mit seinem Buch prägte der Abenteuer Alastair Humphrey vor rund zehn Jahren den Begriff «Microadventures», mit der inspirativen Intention, Abenteuer auch für jene Menschen zugänglich zu machen, die weder über Zeit noch Geld oder Ausrüstung verfügen. Oft braucht es einzig einen Wecker: Gerade in der Nacht ist es kinderleicht, selbst das Alltägliche mit anderen Augen zu betrachten. Die Dunkelheit eröffnet einen geheimnisvollen Raum, sei es bei einem Spaziergang durch menschenleere Gassen, einem Date in der Dämmerung mit einem Wolfsrudel im Taubertal oder auf einer geführten Wildtierbeobachtung wie etwa in der Region Dents du Midi, bei der man durch das Paralleluniversum von Reineke, Grimbart und Meister Petz pirscht – aber auch Tierparks in Zürich oder Bern bieten solche tierischen Touren an. Wer nicht allzu weit in die Nacht hinaus schwärmen mag, übernachtet in seinem Garten oder auf seinem Balkon. Umhüllt von der mystischen Schwärze, nimmt man selbst gewohnte Gefilde neuartig wahr.

Kaum ist es hell, fühlt man sich bestimmt heiter – und es geht weiter; beispielsweise mit dem Rausch der Geschwindigkeit, der das Blut schneller in Wallung bringt, als man «Alltag» buchstabieren kann.

Adrenalinschübe: die höchste und längste alpine Seilrutsche. © NENDAZ TOURISMUS

Simpel, aber Spektakulär

Eine (früh-)sommerliche Sause bescheren Bike-Trails wie beispielsweise auf dem Solothurner Weissenstein, auf denen man den Boden unter den profilierten Reifen vorübergehend verliert. Den Alltag aufpeppen können Abenteuerlustige ausserdem auf der der höchsten Seilrutsche der Alpen in Nendaz, wo sie dem täglichen Einerlei davonrasen – wohlgemerkt mit einer Geschwindigkeit von über 100 km/h. So ein Kribbeln im Bauch lässt einen sich lebendig fühlen.

Die Liste für Nervenkitzel in der Natur liesse sich beliebig erweitern, doch ob Barfusslaufen über Wiesen, Balancieren über Baumstrünke oder mit dem Bus ins Blaue fahren – Mikroabenteuer sorgen für einen freien Kopf, ein Lächeln auf den Lippen und Gesprächsstoff: Einem Kollegen von den neuen Erlebnissen zu erzählen, mit dem man sonst kein Wort wechselt, kann nämlich ebenfalls ein Mikroabenteuer sein.