Ein bisschen wie Skifahren, aber sitzend. Ein bisschen wie Schlitteln, aber schneller. So lässt sich in etwa das Fahrgefühl mit dem Kuriosum auf Kanten umschreiben. Christoph Seiler war in der sechsten Klasse, als sein Vater auf die Idee kam, einen Sitz auf einen alten Ski zu bauen. Mit seinem Sackgeld kaufte sich Christoph Seiler etwas Holz, aus dem im Hobbyraum ein erster wohl noch wackeliger, aber fahrbarer Untersatz entstanden ist. Zuerst mit seinem Schulfreund Florian Scheidegger, später mit weiteren Kollegen, brütete er über modernen und vor allem komfortableren Version des Vehikels, das nach Jahren im «Skigibel SnapIn» zur Vollendung kam. Punkto Federung und Stabilität hat das Modell nicht mehr viel zu tun mit den Skigibeln, mit denen Mütter und Urgrossväter als Kinder aus Bergdörfern einst zur Schule sausten. Er habe den Skigibel nicht etwa erfunden, aber transformiert, stellt der Mattner klar.

Handwerk und Hightech: Die Konstruktion besteht aus Holz, Chromstahl und Aluminium. © ZVG

Zu scheu für den Sauseritt?

Der auf Wunsch gepolsterte Holzsessel mit integrierten Haltegriffen lässt sich auf beinahe jeder Alpin-Skibindung einklicken. Das ist nicht nur praktisch für den Transport, sondern ermöglicht mit einem simplem «Schnapp» das Fahren auf Skiern verschiedener Länge. Denn je länger das Brett, desto temporeicher die Abfahrt. An der Schweizermeisterschaft 2017 preschten damit gleich drei Personen auf das Podest. «Es ist leichter zu lernen als Skifahren», findet Christoph Seiler, der heute das Skigibel-Geschäft im Alleingang weiterführt – zwar bescheiden, aber beständig. Nach drei, vier Fahrten könne man gar carven, beschreibt der gelernte Elektro-Ingenieur. Trotz der Vorzüge lässt der Boom bisher auf sich warten: Die Leute zeigten sich gehemmt, das wenig geläufige Schneesportgerät zu testen, folgert der 33-Jährige aufgrund seiner Beobachtungen am Berg.

«Schnapp» und los: Der Sitz lässt sich mit gängigen Skibindungen kombinieren. © ZVG

Ein «Gibel» ist kein «Gemel»

Gewissermassen «die Vorfahrt genommen» hat Seilers Schöpfung ein Stück weit der «Velogemel »: Das Schneefahrrad geniesst Popularität über den Pistenrand von Grindelwald hinaus. Anders als der Skigibel besitzt der Velogemel zwei Kufen sowie eine Lenkstange. Erfunden hat das Gefährt Christian Bühlmann im Jahr 1911 und meldete es am ersten April desselben Jahres zum Patent an. Der infolge einer Kinderlähmung gehbehinderte Schreinermeister machte sich mit nur vier Bauteilen das Leben viel leichter. Das urtümliche Unikum aus dem Eigerdorf, das einst Postboten gute Dienste leistete, nutzen manche Einheimische bis heute. Die «lebendige Tradition auf Kufen» erreicht Kultstatus – nicht zuletzt dank den Weltmeisterschaften, die seit 1996 jährlich stattfinden. Während der «Gemel» zwei Spuren im Schnee hinterlässt, ist es beim «Gibel» nur eine. Diese könnte von Christoph Seiler stammen, denn er frönt ab und an in seiner Freizeit dem schnellen Skiabenteuer. Es mache Spass, gerade auf weicherem Weiss. Neugierige könnten sich gerne für eine Testfahrt bei ihm melden. Gewiss sind manche allein beim Gedanken, derart das gepuderte Gestein herabzufegen, schon ganz «gibelig».

www.skigibel.ch