Ein bisschen fühlen wir uns wie in einem James-Bond-Film. In der schwarzen Gondel der Kabinenbahn König Laurin im Südtiroler Skigebiet Carezza geht es auf ein ebenso schwarzes Loch mitten im Felsen unter dem imposanten Rosengarten zu. Ein letztes Holpern, als wir über die Rädchen des Stützmasten gleiten, dann werden wir verschluckt. Im Innern der Bergstation angekommen, warten dann glücklicherweise keine bewaffneten Bösewichte, sondern das Werk und zugleich das erste Bahnprojekt des Südtiroler Architekten Werner Tscholl.

Neue Bahnen

Das Spezielle am Neubau: Nur die Ein- und Ausfahrtshöhlen, durch welche die Gondeln der 10er-Kabinenbahn in die unterirdisch angelegte Station ein- und ausfahren, sowie der Zugangstunnel für Gäste sind als sichtbare Zeichen in den Hang eingeschnitten. Seit Juni 2021 bringt die 1807 Meter lange Bahn Skifahrerinnen und Skifahrer oder im Sommer Wandersleute von der Frommer Alm in 6,5 Minuten ganze 560 Höhenmeter nach oben, direkt an den Felsen des Rosengartens zur Kölner Hütte auf 2337 Metern über Meer.

Die Kabinenbahn König Laurin ist aber nicht die einzige neuere Errungenschaft im Skigebiet Carezza. Seit Februar 2022 ist auch die Tierser Cabrio-Seilbahn mit 60 Plätzen in Betrieb. In sieben Minuten geht es mit ihr 3,8 Kilometer von St. Zyprian im Tierser Tal zur Frommer Alm. Die ebenfalls von Werner Tscholl entworfene Talstation versinkt nicht im Berg, dafür aber im Boden. Wie schon bei der König Laurin Bahn blieb Tscholl seinem Motto treu: So wenig wie möglich in die Natur eingreifen.

Abfahrt Rosengarten
Die Abfahrt beim Rosengarten. © Storyteller Labs

Nachhaltiges Mobilitätskonzept

Nachhaltigkeit hat hier ohnehin Priorität. Mit den neuen Bahnen ist es nämlich möglich, autofrei ab der nahe gelegenen Landeshauptstadt Bozen direkt zum Rosengarten zu gelangen – und das erst noch barrierefrei. Zudem ist das Skigebiet Carezza Dolomites im Herbst 2019 dem Klimaneutralitätsbündnis 2025 beigetreten: «Es ist unser Ziel, durch bewusstes und verantwortungsvolles Wirtschaften ein zukunftsweisendes und nachhaltiges Bergerlebnisangebot ganzjährig zu etablieren», sagt Florian Eisath, Geschäftsführer von Carezza Dolomites. Das Skigebiet wolle als Impulsgeber für die Region und andere Unternehmen agieren. «Es ist wichtig, positive Signale zu setzen», sagt Florian Eisath. Sein Hoheitsgebiet nennt sich denn auch seit 2011 Klimaskigebiet. Durch Energiesparmassnahmen und intelligente Beschneiungstechnik konnten bereits bis zu 30 Prozent Treibstoff bei der Pistenpräparierung eingespart werden. Weitere nachhaltige Massnahmen sind die Vermeidung von Plastik auf den Skihütten und die Umstellung auf Recyclingpapier.

König Laurin lässt den Rosengarten glühen

In einem Hoheitsgebiet befinden wir uns auch, nachdem wir die Gondel verlassen haben. Mit Ski und Stöcken in der Hand stehen wir im unterirdischen Palast von König Laurin. So soll der Zwergenkönig der Sage nach im Rosengarten wohnen und nach einem verlorenen Kampf um das Herz der Königstocher Similde den Rosengarten mit einem Fluch belegt haben. Keiner sollte die schönen Felsen je wieder sehen – weder bei Tag noch bei Nacht. Da er bei seinem Fluch die Dämmerung vergass, können wir an diesem Ort heute das Alpenglühn bewundern. Ob dieses Naturschauspiel nun wegen des Zwergenkönigs oder des hohen Gehalts an Kalziumkarbonat und Magnesium im Dolomit-Gestein entsteht, kann jeder für sich selbst entscheiden. Wir entscheiden uns vor dem Skifahren für ein Skiwasser, einem Mix aus Wasser, Sirup und Zitronensaft, in der Laurin Lounge. Von der Ankunftsebene der Kabinenbahn führen eine Rolltreppe und ein Lift hinauf zu Südtirols höchstgelegener Panoramalounge auf 2334 Metern über Meer.

Alpenglühen
Der Sage nach geht das Alpenglühn auf einen Fluch des Zwergenkönig Laurins zurück. © Carezza Ski

Zwei vielfältige Skigebiete

Dann geht es endlich auf die Skier. Die insgesamt 40 Pistenkilometer mit ihren meist breiten Abfahrten laden zu ausgiebigen Schwüngen ein. Das Skigebiet Carezza ist dank des Mix aus unterschiedlich anspruchsvollen Abfahrten – 55 Prozent blaue, 30 Prozent rote und 15 Prozent schwarze Pisten – perfekt für Familien geeignet. Zudem befinden sich unter dem Rosengarten- Massiv gleich drei Mal ein Kinderland, ein Sagenparcours und ein Kids Snowpark. Für ein schier endloses Skivergnügen sorgt die 7,6 Kilometer lange Talabfahrt. Sie führt vom höchsten Punkt des Skigebiets auf 2337 Metern über Meer hinab nach Welschnofen – wenn es die Schneeverhältnisse zulassen.

Mit 48 gar noch ein paar mehr Pistenkilometer hat das Skigebiet Obereggen im Eggental zu bieten. 20 Autominuten von Bozen entfernt und direkt unter dem Latemar gelegen, bringen einen hier 18 Bahnen hinauf auf bis zu 2500 Meter über Meer. Im Vergleich zu Carezza sind die Abfahren aber etwas anspruchsvoller: 19 Prozent blaue, 67 Prozent rote und 14 Prozent schwarze Pisten. Snowboard und Freestyle-Fans kommen im Snowpark auf ihre Kosten. Und für GeniesserInnen steht in Obereggen die Berghütte Oberholz. Der stylische Bau macht mit drei riesigen Panoramafenstern auf sich aufmerksam. Sie fangen das Panorama von drei verschiedenen Berggruppen ein. Verwendet wurde für den Bau viel regionales Holz, geheizt wird mit Erdwärme.

Nachhaltig in die Zukunft

Damit steht die Berghütte Oberholz stellvertretend für die nachhaltigen Bemühungen von Obereggen und Carezza. Für die Bahnen sowie Talstationen beziehen sie Strom aus lokaler Wasserkraft. Zudem setzten sie auf ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem. Bei den Pistenarbeiten wird zum Beispiel eine Samenmischung gesät, um die Artenvielfalt der Wiesen zu erhalten. Und der ganze Ort Obereggen wird ausschliesslich mit erneuerbarer Energie beheizt. Die Anstrengungen der beiden Skigebiete Carezza und Obereggen hin zu einem klimaverträglichen Wintervergnügen sollen auch dazu führen, dass die Besucherinnen und Besucher das Alpenglühn im Rosengarten noch viele Jahrzehnte lang geniessen können.

www.carezza.it
www.obereggen.com
www.suedtirol.info