Dieses Jubiläum ist auch der Startschuss in eine neue Ära»: Das sagt Stéphane Moret, Direktor von Murten Tourismus und Mitglied des Verwaltungsrats der Schifffahrtsgesellschaft des Neuenburger- und Murtensees (LNM), zu den 150-Jahr-Feiern in diesem Sommer.

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Hervorgegangen ist die LNM 1872 aus der Freiburger Schifffahrtsgesellschaft und der Schifffahrtsgesellschaft Murten. In den Anfängen transportierten drei Dampfschiffe Personen und Waren: Textilien und Produkte der Uhrenindustrie wurden Richtung Basel und Genf gebracht. In den 150 Jahren hatte die Schifffahrtsgesellschaft auch einige Stürme zu meistern. Ein Problem war der Wasserstand auf den Seen, der die Schifffahrt behinderte: Bei Niedrigstand lag er so tief, dass die Schiffe immer wieder auf Sand aufliefen. Die erste Juragewässerkorrektion (1868 bis 1891) löste dieses Problem – doch mussten danach die Anlegestellen an die neuen Wasserstände angepasst werden, was hohe Kosten verursachte.

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Mit der Zeit setzten die Leute für den Warentransport immer mehr auf die effizientere Eisenbahn. Auch der Personentransport war auf dem Schienennetz attraktiver, sodass die Schifffahrtsgesellschaft LNM vor allem auf den Tourismus setzte. Doch die zwei Weltkriege brachten den Tourismus quasi zum Erliegen. In der Zwischenkriegszeit war die Kohle knapp, die Preise stiegen. Die LNM musste ihre Flotte verkleinern und bei Kantonen und Städten Darlehen aufnehmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte der Aufschwung: Die drei Seen wurden eine beliebte Feriendestination. Die LNM baute ihr touristisches Angebot aus und weihte zwischen 1955 und 1970 vier neue Schiffe ein. Die Dampfschiffe verschwanden langsam, der Dieselmotor setzte sich durch. An der Expo 02 transportierten die LNM-Schiffe Besucherinnen und Besucher zwischen den Arteplages.

Doch die 2010er-Jahre waren erneut von finanziellen Schwierigkeiten geprägt. Damals erhielt die LNM nur provisorische Konzessionen. Erst nach einer Reorganisation erteilte der Bund 2020 wieder eine Konzession für zehn Jahre. «Diese letzte Krise hat unserem Image geschadet», sagt Moret. Das Jubiläum sei nun der Moment, die Schifffahrtsgesellschaft wieder in ein gutes Licht zu rücken und nach vorne zu schauen. Dies, obwohl auch die letzten beiden Jahre mit der Pandemie und dem Hochwasser im letzten Sommer sowie der nun steigende Ölpreis Herausforderungen seien. Kernstück der Jubiläumsfeiern sind Aufführungen, welche Kultur, Tourismus und Schifffahrt zusammenbringen. «Bereits seit rund zwanzig Jahren sind wir in einer Transformation: weg von der Transportgesellschaft hin zur Erlebnisgesellschaft», sagt Moret. «Mit diesen Aufführungen im Jubiläumsjahr bauen wir nun unser Know how im Eventbereich aus und beschleunigen diesen Prozess.» Das sieht auch Jean-Luc Rouiller, Geschäftsführer der LNM, so: «Wir zeigen, was auf unseren Schiffen möglich ist und präsentieren die Schifffahrt in einem neuen Licht.» Um für die Zukunft fit zu sein, renoviert und modernisiert die LNM nach und nach ihre Schiffe; sie beginnt im kommenden Winter mit «Fribourg», dem grössten Motorschiff der Flotte. Später soll auch ein neues Schiff hinzukommen, das statt zweier Säle einen grossen Saal hat und so grössere Anlässe ermöglicht. Die Schifffahrtsgesellschaft möchte zudem das Restaurant im Neuenburger Hafen künftig das ganze Jahr über und nicht nur in der Sommersaison betreiben – und damit zeigen, dass im Winter zwar keine Kursschiffe fahren, jedoch Charter-Schiffe zur Verfügung stehen. «Wir arbeiten ja das ganze Jahr über und haben Potenzial für solche Fahrten», sagt Jean-Luc Rouiller.

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Den runden Geburtstag feiert die Schifffahrtsgesellschaft des Neuenburger- und Murtensees (LNM) auf beiden Seen mit dreissigminütigen Aufführungen: Nebst Performances von Künstlerinnen und Künstlern gibt es ein Licht- und Tonspektakel. Noch zwei Mal werden sie nach Einbruch der Dunkelheit aufgeführt: am 8. Juli vor Estavayer-le-Lac und am 16. September vor Murten. Wer mitten drin sein will, erlebt die Aufführungen auf einer Kreuzfahrt mit einem Essen an Bord und der Show als Abschluss. Vom Ufer aus kann die Bevölkerung das Spektakel gratis verfolgen. Zudem verkauft die LNM zusammen mit der Bielersee Schifffahrtsgesellschaft für 150 Franken ein Abonnement für die Saison 2022. Mit einer Parade ihrer Schiffe vor Neuenburg schliesst die LNM am 1. Oktober ihre Festlichkeiten ab.

DIE LNM IN ZAHLEN
• Gegründet am 30. September 1872
• 250’000 Passagiere im Jahr
• 5 grosse Häfen: Neuenburg, Estavayer,
Yverdon, Murten, Biel
• 28 Anlegestellen auf den Seen und Kanälen
• 4 Kantone: Neuenburg, Freiburg, Waadt,
Bern
• 7 Schiffe – darunter der einzige See- und
Flussdampfer der Schweiz