Egal, ob man nun von Chur Richtung Süden fährt oder von Bellinzona aus Richtung Norden: Das Bergtal Avers ist auf der breiten Kantonsstrasse leicht erreichbar. Still, steil und hochgelegen präsentiert sich hier ein Paradies für NaturliebhaberInnen und Wanderlustige. Im Sommer locken verschiedenste Hochgebirgstouren, während Passübergänge ins Oberhalbstein, ins Engadin und ins Bergell führen. Auch die Via Alpina und der Walserweg kommen hier vorbei, doch auch eine kleinere Runde vor Ort genügt vollkommen, um das abgeschiedene Gebiet von seiner schönsten Seite kennenzulernen. Und dafür eignet sich gerade die Wanderung zu den Flüeseen ideal.

Wanderung an Berghäusern vorbei
Die typischen Walser Häuser. © demateo.com

Ein Einstieg mit Rekord

Schon die Fahrt im Postauto durch die Ortschaften Campsut, Cröt und durch den Hauptort Cresta mit seiner romanischen Edelweisskirche zeigt es: Als die Walser das Hochtal Avers im 13. Jahrhundert besiedelten, setzten sie im steilen Gelände auf malerische, verstreute Hofsiedlungen. Die vielen authentischen Holzhäuser wären einen Halt wert, ausgestiegen wird aber erst, wo die Kantonsstrasse endet. Die Wanderung zu den Flüeseen beginnt nämlich im hintersten Weiler, in Juf. Dort erwartet die Passagiere als erstes gleich ein alpiner Rekord: Hier liegt die höchstgelegene ganzjährig bewohnte Siedlung Europas. Über der Baumgrenze, auf 2126 m ü. M., leben etwa zwei Dutzend BewohnerInnen in einer stillen Berg-Idylle. Und wieder möchte man sich am liebsten hinsetzen, um die Ruhe und den weiten Himmel zu geniessen. Andererseits lockt nun die Wanderung in der unberührten, intakten Natur.

Start der Wanderung im Weiler Juf
Juf – die höchstgelegenste ganzjährig bewohnte Siedlung Europas. © demateo.com

Verdiente Rast am Ufer

Juf mag hoch liegen, doch auf dieser Tour liegen die Ziele noch höher. Von der urtümlichen Bauernsiedlung aus steigen Wandernde ostwärts steil bergauf. Der Weg führt durch üppige Heuwiesen, weite Serpentinen erschliessen den BesucherInnen eine artenreiche Flora und Fauna am Wegesrand. Jetzt quert man den Treia-Bach, bevor nach etwa zweieinhalb Kilometern der Sattel des Stallerbergs auf 2578 m ü. M. erreicht wird. Dort bietet sich eine imposante Aussicht auf die umliegende Bergwelt. Nun wendet sich der Weg Richtung Nordwesten. Eine letzte Geländeschwelle führt zur Hochebene der verschiedenen Flüeseen. Spektakulär sind nicht nur diese hochalpinen Gewässer, sondern auch die Blicke auf Bernina und Bergell. Am Ufer liegen zudem grosse Felsbrocken, die sich bestens für eine Rast eignen. Denn anschliessend gilt es einen letzten Aufstieg zum höchsten Punkt der Wanderung auf 2838 m ü. M. zu stemmen, bevor ein steter Abstieg zurück nach Juf folgt. Nach insgesamt 8,6 Kilometern und dreidreiviertel Stunden ist das Ziel dieser mittelschweren Rundwanderung erreicht. 

Kirche in Walser Region
Die Edelweiss kirche von Cresta. © demateo.com

Erst Capuns, dann gute Nacht

Nach der Rückkehr haben sich die Wandernden eine Stärkung mit regionalen Köstlichkeiten redlich verdient. Dazu gehört natürlich die Büdner Gerstensuppe, aber auch das lokale Bündnerfleisch oder der Avner Alpkäse sind eine Degustation wert. Zu den hiesigen Gerichten zählt zudem Capuns: Das traditionelle Gericht besteht aus überbackenen Mangoldrollen, die mit Teig, Fleisch und Kräutern gefüllt sind. Nebst diesen kulinarischen Leckerbissen bietet das Hochtal Avers auch diverse charmante Übernachtungsmöglichkeiten. In Juf selbst liegt etwa das Hotel Alpenrose am höchsten Punkt der Siedlung. Zum sanft renovierten Betrieb gehören nebst den 12 Zimmern die alten Arven-Stuben samt Kachelofen. Hotels, Gasthäuser und Restaurants findet man weiter in Cröt, Cresta und Juppa, zudem stehen zahlreiche Ferienwohnungen im ganzen Tal zur Verfügung. Viele davon präsentieren sich als typische Berghäuser mit viel Holz und freier Sicht auf die umliegende Bergwelt. Somit runden die Unterkünfte den Gesamteindruck des Hochtals Avers gebührend ab – es ist einfach ein ruhiger Erholungsort abseits der Alltagshektik.

Tannen- und Lärchenwald Avers
Tannen und Lärchen prägen den Talboden. © demateo.com

www.viamala.ch