Die viaSpluga ist der Klassiker unter den Kultur- und Weitwanderwegen. Legendäre Schluchten und historische Pfade machen die Mehrtageswanderung einzigartig.

Spuren der zweitausendjährigen Alptransit-Geschichte findet man hier an jeder Ecke. Die Historie der Transitwege ist denn auch die Basis des 65 Kilometer langen Weitwanderwegs von Thusis über den Splügenpass nach Chiavenna. Neben der eindrücklichen Transitgeschichte sind die verschiedenen Kulturen, Sprachen, Vegetationsstufen sowie die zahlreichen Kultur- und Naturgüter die Highlights der viaSpluga-Wanderung.

Über spektakuläre Hängebrücken
Handel und Verkehr prägten Thusis während Jahrhunderten; das Dorf erlangte mit dem  Ausbau der Wege durch die Viamala 1473 das Transportmonopol und diente als Ausgangspunkt für die Alpenüberquerung. Heute ist Thusis Ausgangspunkt der viaSpluga, und vom Bahnhof führt die abwechslungsreiche «Route Traversina» über den Hinterrhein nach Sils i.D.. Am prachtvollen Palazzo vorbei zieht sich der Weg via Burg Ehrenfels hinauf zur Burganlage Hohen Rätien (eine der ältesten Siedlungsstätten der Schweiz) und weiter in die Viamala-Schlucht. Dieser Teil des historischen Saumpfades direkt gegenüber dem Verlorenen Loch, gilt als besonders schöner Abschnitt der Wanderung. Höhepunkt bildet die Passage des Traversinerstegs. Die spektakuläre, fast 60 Meter lange Hängebrückenkonstruktion wurde schon mehrfach international ausgezeichnet.

ViaSpluga (c) Schweiz Tourismus
ViaSpluga (c) Schweiz Tourismus

Schaurig schöne Schluchten
Die Viamala-Schlucht selbst ist spektakulär: Bis zu 300 Meter tief hat sich der Hinterrhein in den Felsen gefressen und so dieses Naturmonument geschaffen. Schon Goethe war von der rauen Schönheit fasziniert und hielt sie mit Pinsel und Farbe und in etlichen Schriften fest. Über eine Treppenanlage geht’s in die schaurigschöneTiefe in den Abgrund zum Besucherzentrum, durch Felsgalerien und vorbei an gewaltigen Felskunstwerken. Anschliessend zieht sich die viaSpluga über historische Wege, dem Rhein entlang und in reinster Postkarten- Idylle nach Zillis. Wer nun eine Stärkung zu sich nehmen möchte, sollte nun das Gasthaus «Alte Post» aufsuchen und köstliche Bündner Spezialitäten wie Capuns oder Maluns geniessen.

Sixtina der Alpen
In Zillis wartet mit der Kirche St. Martin ein wahrlich kulturhistorischer Schatz: Die 900-jährige romanische Bilderdecke ist weltweit einzigartig und besteht aus 153 quadratischen Holztafeln von je ca. 90 cm Seitenlänge, geschaffen anfangs des 12. Jahrhunderts. Die Decke hat die Kirche zur Sixtina der Alpen gemacht. In der Region Viamala finden sich übrigens viele weitere, weniger bekannte Kirchenschätze wie die Kirche von Lohn am Schamserberg mit ihren zwei Türmen, diejenige in Obermutten ist ganz aus Holz gebaut und die Steinkirche von Cazis hat eine unkonventionelle Architektur. Wertvolle Fresken schmücken im Schams z.B. die Kirchen von Clugin und Casti und im Domleschg die Kirche von Tomils sowie die Kapelle St. Maria Magdalena in Dusch bei Paspels. Richtige Geheimtipps für Kulturfreunde.

ViaSpluga (c) Schweiz Tourismus
ViaSpluga (c) Schweiz Tourismus

Hinter dem Wasserfall
Im nächsten Etappenort, Andeer, lädt das «Mineralbad Andeer» zum Entspannen und Kräfte tanken ein. Nebst seinen Heilquellen ist Andeer bekannt für sein intaktes Dorfbild. Auf der Strecke zwischen Andeer und Splügen, mitten im Naturpark Beverin, befindet sich der imposante Wasserfall in der Rofflaschlucht: Am Eingang zur Schlucht befindet sich das historische Gasthaus, von wo aus ein schmaler Pfad entlang der Felsengalerie führt. Ganz hinten geht die Felsengalerie hinter den Wasserfall und somit unter dem Rhein hindurch – ein einmaliges Erlebnis! Durch die Rofflaschlucht führt der Weg weiter nach Splügen, dem bedeutenden Kreuzpunkt antiker Transitrouten. Vom Passverkehr geprägt, begeistert das Walserdorf mit seinem vorzüglich erhaltenen Dorfbild. Dafür wurde Splügen 1995 mit dem Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes ausgezeichnet. Im Heimatmuseum werden Passverkehr und Verkehrsgeschichte eindrücklich dokumentiert.

Historischer Saumpfad
Zum Splügenpass steigt die viaSpluga über den wieder instand gestellten historischen Saumweg und quert dort die Landesgrenze zu Italien. Kurz vor der Passhöhe führt ein Verbindungsweg zur über 300 Meter langen Lawinengalerie, welche 1843 für die wintersichere Begehung des Passes erstellt wurde. Das Bauwerk ist einer der letzten Zeitzeugen, welche die Anstrengungen des damaligen Strassenbaus dokumentieren, um Schnee und Eis zu trotzen. Nach umfassenden Restaurierungsarbeiten in den Jahren 2006 bis 2010 bildet die Galerie ein weiteres interessantes Kulturobjekt entlang der viaSpluga. Beim Nordportal kann eine Ausstellung zur Geschichte des Passes und der Galerie besichtigt werden.

ViaSpluga (c) Schweiz Tourismus
ViaSpluga (c) Schweiz Tourismus

Der berüchtigste Abschnitt
Nach dem Grenzübertritt windet sich der «sentiero storico» auf italienischem Territorium nach Montespluga, wo sich bis 1841 das einzige Hospiz und auch das einzige Gotteshaus am Splügenpass befand. Die nächste Etappe galt früher als der berüchtigste Abschnitt der Splügenroute: Die Cardinello-Schlucht. 1643 wurde ein nicht befahrbarer Saumweg angelegt, welcher ab 1716 ausgebaut und mit Lehnen, Stützmauern, Treppen und Galerien versehen wurde. In den letzten Jahren wurde der Weg mit grossem Aufwand historisch authentisch rekonstruiert. Ausgangs der Cardinello- Schlucht führt die viaSpluga ins pittoreske Dörfchen Isola, welches bekannt ist für seine typischen kulinarischen Spezialitäten.

Ins mediterrane Klima
Immerzu talwärts, geht’s durchs wilde Bergtal, wo gleich zwei Wallfahrtskirchen – San Guglielmo und Santuario di Gallivaggio – daran erinnern, dass der Splügenpass einst auch eine Wallfahrtsroute war. In Campodolcio angekommen lohnt sich ein Ausflug ins Museo della viaSpluga e della Val San Giacomo (MU.VI.S), wo die Geschichte des Tals und der Transitroute dokumentiert ist. Letzte Station ist schliesslich Chiavenna. «Clavenna», – der Schlüssel zu den Alpenpässen – war bereits zu Römerzeiten wichtiger Aufenthalts- und Transitort in Richtung Maloja-, Septimer- und Splügenpass. Das historische Zentrum mit den typischen engen Gassen hat sein originales Aussehen bewahrt, verzaubert mit seinem südländischen Charme und lädt zum Flanieren und Verweilen ein. Ein perfekter Abschluss einer äusserst eindrücklichen Kulturwanderung.

Sacha Gähwiler

viamala.graubuenden.ch