Schlagen, schneiden, schleifen, schnitzen – bis Gäste in den vier Wänden wandeln, in den Bettgestellen schlafen oder auf den Stühlen ruhen hat Holz viele Verwandlungen durchlebt.

Obwohl es entwurzelt und von draussen nach drinnen geholt wurde, fühlt sich der Mensch dem Holz nah, begleitet es ihn doch in ehrenvoller Diskretion auf all seinen (Um-) Wegen – sei es als Zahnstocher, Magazinseite oder Türknauf. Holz ist wie ein alter Vertrauter, in dessen Anwesenheit man sich behaglich fühlt. Das kommt nicht von ungefähr: Die positive physische und psychologische Wirkung von Holz auf den Menschen ist vielfach in Studien belegt. Das Gefühl von Geborgenheit lässt sich zwar nicht «messen», Parameter wie der Pulsschlag hingegen schon – und dieser sinkt in Gefilden voller Gehölz. Neben diesen Erkenntnissen zu den gesundheitsfördernden Eigenschaften haben auch Aspekte der Nachhaltigkeit dem «biophilen Design» Auftrieb verliehen.

Im neuen «eriro Alpine Hide» auf der Ehrwalder Alm gibt es neu Suiten. © Alex Moling

Von schmeichelhaftem Schlag

Das biophile Design bringt den Wald in die Wohnräume: Ausgehend von der Philosophie, dass sich der Mensch von Natur aus zur Natur hingezogen fühlt, sind die Innenbereiche in natürlichen Materialien und erdverbundenen Farbnuancen gestaltet, zudem gewährt die Architektur Ausblicke auf die Aussenwelt.

Ein solcher Rückzugsort, wo man die Restwelt aus surrenden und blickenden Reizen vor der Hoteltür zurücklässt, ist das Baumhotel im Südtirol. Im familiengeführten Fünf-Sterne-Haus in Brixen schlummern Gäste zwischen Baumkronen, denn ein Teil des Gebäudes ist durch Stelzen vom Erdboden abgehoben. Zwischen himmelhohen Tannen mit Blick auf das schier endlose Eisacktal verliert man sich in der Stille des Waldes – und stellt womöglich fest: Menschen und Bäume haben vieles gemeinsam; sie wollen wachsen, aufblühen und – gerade an einem Ort wie diesem – Wurzeln schlagen. Die Stämme der Bäume, die damals dem Hotelkomplex weichen mussten, finden sich als dekorative Elemente im Interieur. In den Suiten «Nest», «Hangout» oder «Treetop» treffen Düfte von sonnenverbranntem Lärchen- und Fichten-Altholz auf edle Design-Accessoires in Erdfarben, die an den Bodengrund eines Baumhauses erinnern. Früchte von Bäumen gelangen im «My Arbor» gar in Behälter, schliesslich stammt das hauseigene Olivenöl von über 1000 Olivenbäumen am Gardasee.

In der Eingangshalle von «My Arbor» hängen Baumstämme von der Decke herab. © Josef Plaickner

Einswerden mit der Natur

Eingebettet zwischen See und Bergen liegen auch die Biwaks «Rifugio sotto le stelle» ein. Die Häuschen, die aus heimischem Holz gefertigt sind, zelebrieren das Glück im Kleinen: Die Biwaks am Millstätter See in Kärnten, ausgestattet mit dem Wesentlichsten, lassen im Schein der Sterne den Alltag verblassen. Mit Zirbenholz-Duft in der Nase geniessen Gäste die Zweisamkeit, vielleicht bloss beim besinnlichen Beobachten, wie der Winterwind satte Schneeflocken auf das grosse Panoramafenster pustet, sodass sie Pirouetten drehen. Das Smartphone in einem kleinen Fach verstaut, vermag hier nichts mehr abzulenken vom Gegenüber und dem Naturschauspiel in nächster Nähe.

Das Refugium am Millstätter See inmitten der Natur. © Gert Perauer / MBM Tourismus

Auch im Südtiroler Pustertal beginnen die Naturerlebnisse quasi an der hölzernen Bettkante: Zwischen Waldhang und Wiese reihen sich die Naturchalets des Resorts «Valsegg» aneinander, das die Vorzüge eines Boutique-Hotels mit der Privatsphäre eines Ferienhauses vereint. Ein kuscheliges Knistern liegt in der Luft, wenn man handgeschlagene Scheite im chaleteigenen Kamin nachlegt. Spätestens das Bad im vom Wald umarmten Infinity-Pool, der mit Quellwasser gespiesen ist, sorgfältige Schrittchen auf dem Kneipp-Pfad oder Beauty-Treatments mit Kräutern, Zierbelholz oder Mond-Öl bedeuten den Kahlschlag für jedweden Stress.

Waldsicht von der Wanne aus: Private Wellness-Momente im «Valsegg»-Resort. © Helmut Rier

Dem Rhythmus der Natur folgen kann man ebenfalls in den Allgäuer Alpen: Die Lungen aufgefüllt mit frischer Bergluft, nistet man sich ein im «Hubertus Mountain Refugio», das jüngst selbst eine Frischekur erlebt hat. Die Gastgeber, die das Hotel in dritter Generation führen, haben das Interieur getreu der Philosophie «Altes in neuem Glanz» mit urchigen Beistelltischen, handgestrickten Lampenschirmen und neu lasierten Vollholzböden nachhaltig ausgefeilt.

Die Natur diente dem Allgäuer «Hubertus Mountain Refugio» als Inspirationsquelle. © Oliver Jaist

Den Alltag absägen

Verwurzelt im Ursprung, aber mit neuen Gastgebern, präsentiert sich ausserdem das «Alpine Hide eriro» am Fusse des Zugspitzenmassivs. Hier blickt einen so manches Holzauge entgegen, denn die Architektur würdigt archaische Strukturen ebenso wie traditionelles Handwerk: Alle Elemente von der Speisetafel bis zu den Lampen sind grösstenteils in Ehrwald von Hand geschaffen, geziert von Geflochtenem, Gebundenem und in Holz Geritztem. Das von regionalen Materialien wie Holz, Wolle oder Loden geprägte Ambiente solle «Halt und Hülle schenken und, wie schon vor Abertausenden Jahren, vor den oft unbändigen Launen der Bergnatur schützen.»

Nach dem Abtauchen in der Badewanne, die aus einem Holzstamm gefertigt ist, lässt man seine Gedanken über Almwiesen, Wälder und Gefels des Tajakopfs und der Sonnenspitze mäandern.

… von Eulen geneckt, von Rehen geweckt? Das würde einen hier kaum verwundern, wie man so geerdet dasteht – auf tiefempfundenes Glück geeicht, das anhält. Dreimal auf Holz klopfen.