Alle Facetten der Kunst
Die Plateforme10 in Lausanne ist nicht nur ein Museumsquartier, sondern ein offener Lebensraum für Kunst, Kultur, Entdeckungen und Begegnungen.
Die Plateforme10 in Lausanne ist nicht nur ein Museumsquartier, sondern ein offener Lebensraum für Kunst, Kultur, Entdeckungen und Begegnungen.
Lausanne hat ein neues Kunstquartier: Drei Museen wurden auf der Plateforme 10 zusammengefügt. Auf dieser Kulturplattform gleich neben dem Bahnhof Lausanne, auf dem Areal der ehemaligen Lokomotivhallen, sind nebst dem kantonalen Kunstmuseum (MCBA) nun auch das Museum für Fotografie Photo Elysée und das Mudac, das Museum für zeitgenössisches Design und angewandte Kunst, zu finden.
Im Mittelpunkt der drei Museen steht bis am 25. September die gemeinsame Ausstellung zum Thema Eisenbahn: «Train Zug Treno Tren». Die BesucherInnen entdecken, wie im Verlaufe der Zeit Bahnhöfe und Züge zu beeindruckenden Orten der Begegnung und zu fantasieanregenden Räumen wurden. Die Welt der Eisenbahnen ist mit all ihren Facetten zu entdecken, mittels kurzer Führungen, Workshops und Audioführungen. Das neue, modern und grosszügig angelegte Kunstviertel Plateforme 10 ist auch Kultur-Schauplatz verschiedenster Events wie Konzerte und Festivals.
Nach rund vier Jahren Bauzeit ist die Plateforme 10, ein rund 100 Millionen Franken teurer Bau, fertiggestellt und eingeweiht. Der grosse weisse Gebäudekomplex mit gigantischen Dimensionen wirkt clean und einladend. Die beiden Gebäude sind gewissermassen übereinandergestellt, mit lediglich drei Ankerpunkten. In der Mitte breitet sich ein gläsernes Foyer wellenartig aus, ein Gewebe mit 72 weissen Betonfacetten, das die Museen sowohl verbindet wie auch trennt.
Das Museum für Design und angewandte Gegenwartskunst Mudac, das sich im oberen Stock des neuen Gebäudes befindet, bietet alle möglichen Formen von Design und sieht sich gerne als Brücke zwischen verschiedenen Stilrichtungen. Ob Grafik, Design oder Mode – das Mudac bricht mit vorgefassten Meinungen und erlaubt einen neuen Blick auf die Kunst. Die Dauerausstellungen des Museums zeigen die bedeutendste Sammlung zeitgenössischer Glaskunst in der Schweiz und in Europa. In der Ausstellung «Der Erde zuhören» widerspiegeln sich die Herausforderungen des Klimawandels in den verschiedenen miteinander verknüpften Bereichen: Design, Keramik, Glaskunst, zeitgenössische Druckgrafik und zeitgenössischer Schmuck. Die ausgestellten Stücke appellieren daran, die Natur nicht mehr nur unter dem Gesichtspunkt der Rentabilität oder als grenzenlose Ressource zu betrachten, die den menschlichen Aktivitäten zu dienen hat.
Das im Untergeschoss der Plateforme 10 befindliche Photo Elysée ist eines der weltweit grössten, ganz der Fotografie gewidmeten Museen. Das international bekannte Museum, das jedes Jahr bedeutende Ausstellungen präsentiert, umfasst eine einzigartige Sammlung und verschiedene Fotobestände, unter anderem von Charlie Chaplin, Sabine Weiss und Jan Groover. Diese Ausstellungen sind neben Lausanne in Galerien in der ganzen Welt zu sehen. Der Fotografie, ob in Form von Ausstellungsansichten oder von Dokumentationsaufnahmen, kommt in jeder Art von Museum eine wichtige Rolle zu. Sie besitzt die Fähigkeit, ein Archiv der vergangenen Zeit zu bilden. Ebenso ist die Fotografie unersetzlich, wenn es darum geht, bestimmte Augenblicke und Ereignisse für die Nachwelt festzuhalten.
Zur Plateforme 10 gehören auch zwei Stiftungen: Die Fondation de L’Hermitage und die Collection de l’Art Brut. Die Fondation de L’Hermitage befindet sich in einem prächtigen Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert und zeigt wechselnde Ausstellungen, die der bildenden Kunst von der Renaissance bis zur Gegenwart gewidmet sind. Das Museum ist von einem weitläufigen, schönen Park umgeben, der ständig der Öffentlichkeit zugänglich ist. Besonders beachtenswert beim Flanieren im Park ist die Aussicht auf den Genfersee und auf die Kathedrale Notre-Dame.
Die Fondation de L’Hermitage richtet dem französischen Maler Achille Laugé (1861 bis 1944) eine grosse Retrospektive aus – eine Premiere in der Schweiz. Laugé war seiner Heimat Okzitanien stark verbunden. Er wählte Motive aus seiner unmittelbaren Umgebung Cailhau, sei es eine Landschaft, Blumen seines Gartens oder Porträts seiner Verwandten. Die fast achtzig ausgestellten Werke legen Zeugnis von der einzigartigen Originalität dieses Malers ab und zeigen Laugés künstlerischen Werdegang. Die Ausstellung, die es den Betrachtenden ermöglicht, den Maler in den Kontext der Jahrhundertwende einzuordnen, dauert bis 30. Oktober.
Die in der Collection de l’Art Brut ausgestellten Werke autodidaktischer Menschen beeindrucken durch ihre direkte Aussage. Es sind Werke von Häftlingen, PatientInnen von psychiatrischen Kliniken, Originale, Ausgestossene, die Kunst auf ihre ganz persönliche Art schaffen, ohne sich um gängige Kunstwerte oder um die Meinung der Öffentlichkeit zu kümmern. Diese Kunstschaffenden suchen keine Anerkennung und gestalten ihre Arbeiten häufig mithilfe von neuartigen Materialien. Erfunden wurde der Begriff «Art Brut» vom französischen Maler Jean Dubuffet (1901 bis 1985), welcher der Stadt Lausanne seine Sammlung mit ungefähr 5000 Exemplaren sowie seine Archive über diese Kunstform vermacht hat.
Text & Bilder: Bernie Bernhard