Der Jubeltag liegt nur ein paar Monate zurück; ging allerdings im Getöse der weltweiten Corona-Krise unter: Am 21. März wurde der Internationale Tag des Waldes begangen. Auch in der Schweiz äusserten sich Umwelt-, Bildungs- und Branchenorganisationen zur immensen Bedeutung des Waldes als vielfältiges Ökosystem. Auch im Tourismus hat der Wald ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.

Der Internationale Tag des Waldes stand in diesem Jahr unter dem Motto „Wald und Biodiversität“. WaldSchweiz, der Verband der Waldeigentümer, fasste die Thematik in einer Medienmitteilung so zusammen: „Weltweit bieten die Wälder 80 Prozent aller Landlebewesen ein Zuhause. Wer jetzt an tropische Regenwälder denkt, liegt richtig. Aber auch die Wälder in der Schweiz sind regelrechte Schatztruhen. Gut 25‘000 Tier- und Pflanzenarten kommen hierzulande im Wald vor. Für viele von ihnen ist der Wald als noch weitgehend intakter Lebensraum ein wichtiger Rückzugsort.“ Und quasi stellvertretend für die gesamte Forst- und Holzindustrie wurde betont, wie wichtig es sei, den Wald nachhaltig und naturnah zu bewirtschaften. „In der Schweiz wird nie mehr Holz geerntet als nachwächst, jeder Holzschlag ist bewilligungspflichtig. Und der Wald wird so genutzt, dass er alle erwünschten Funktionen erfüllen kann – Holzproduktion, Schutz vor Naturgefahren, Biodiversität und Erholung.“ So biete denn der Schweizer Wald mit 120 ökologischen Waldtypen unter dem Einfluss von Höhenstufen, Exposition und klimatischer Bedingungen wie auch unterschiedlicher Bewirtschaftungsformen eine enorme Lebensraumvielfalt.

© JEAN CINGRIA

Baumartenmix erwünscht

Für WaldSchweiz kommt dies nicht von ungefähr. Mitentscheidend sei das Schaffen und Fördern verschiedener Strukturen und Vernetzungselemente durch die Bewirtschafter. Anzustreben sein ein vielfältiger Baumartenmix. Ausserdem seien unterschiedlich alte Bäume und Sträucher zuzulassen, seltene Baumarten und Biotopbäume zu fördern, Totholz und Äste stehen- und liegenzulassen, strukturreiche Waldränder und lichte Wälder zu schaffen und letztlich Neophyten (Pflanzenart, die nicht in einer geografischen Region heimisch sind) zu bekämpfen.

„Der Wald ist ideal“

Zur Bedeutung des Waldes – auch mit Blick auf touristische Aktivitäten – äussert sich das Bundesamt für Umwelt (BAFU) regelmässig. In einer Medieninformationen vor rund zwei Jahren zum Beispiel so: „Als Ausgleich zu unserem hektischen Alltag werden Freizeitaktivitäten und Erholung immer wichtiger. Der Wald ist dafür ideal.“ Im gleichen Text wird potenziellen Waldbesuchern ein „rücksichtsvolles Verhalten gegenüber Tieren und Pflanzen ans Herz gelegt.

Interessant ist auch die Auslegung des BAFU zur Bedeutung des Waldes als Erholungsraum für die Menschen. Das Bundesgesetz über den Wald (WaG) stellt die Wohlfahrtsfunktion des Waldes auf die gleiche Stufe wie dessen Schutz- und Nutzfunktion. Gleichzeitig wird auf die „Strategie Freizeit und Erholung im Wald“ (2018) hingewiesen. Sie zielt auf eine hohe Qualität der Leistungen des Waldes für Freizeit und Erholung, leistet einen direkten Beitrag an die Umsetzung der Waldpolitik 2020 des Bundesrates und knüpft an die verschiedenen Strategien und Politiken des Bundes an, die der Gesundheit, dem Sport, dem Tourismus, der Biodiversität oder der Raumnutzung gewidmet sind. Unter Federführung des Bundesamtes für Umwelt wurde sie unter Einbezug von zentralen Akteuren entwickelt. Dabei fokussierte man sich auf drei Schwerpunkte, nämlich auf die Förderung der Gesundheit der Bevölkerung, auf das Bewahren des naturnahen Waldökosystems und auf ein ökonomisches Inwertsetzen der Erholungsleistung des Waldes.

Viele sind gefordert

In der Strategie werden konkrete Ziele ausformuliert und mit den entsprechenden Umsetzungsmassnahmen ergänzt. So müsse es unter anderem darum gehen, dass die Bevölkerung den Wald nutze und damit die eigene Bewegung sowie die körperliche und geistige Gesundheit fördere. Entsprechend wichtig sei deshalb das Management von Wäldern mit besonderer Bedeutung zur Ausübung eben dieser Tätigkeiten. Freizeit- und Erholungsaktivitäten müsse Rechnung getragen werden. In die Pflicht genommen werden in diesem Kontext beide Seiten. Dem Waldbesucher wird ein respektvoller Umgang mit dem Waldökosystem ans Herz gelegt, und wer Freizeit- und Erholungsaktivitäten im Wald anbietet, muss sicherstellen können, dass das Ökosystem keinen Schaden nimmt.

Für die Umsetzung der Strategie ist das BAFU zuständig, doch eine zentrale Rolle kommt den weiteren Akteuren zu, beispielsweise den Kantonen und Gemeinden, den Forstbetrieben, der Holzwirtschaft und letztlich auch allen, die sich in den Wäldern unseres Landes bewegen.

Waldbad statt Sauna

Das Papier „Strategie Freizeit und Erholung im Wald“ zeigt auf, welche Bedeutung dem Ökosystem Wald in der Schweiz zukommt – wirtschaftlich und für die Bereiche Freizeit und Tourismus.

In der Ferienplanung und -gestaltung spielt der Wald eine stets gewichtigere Rolle. Dazu beigetragen hat die Tatsache, dass Ferien im eigenen Land heute zunehmend „in“ sind. Nach und nach scheint der Buchenwald um die Ecke ein nicht weniger beliebtes Ausflugsziel zu sein als der Palmenstrand in der Südsee. Öko-Tourismus, Soft-Trekking, Lokale Erlebnisse und Themenwanderungen sind heute bereits bestbekannte Suchwörter auf den Webportalen der Anbieter von touristischen Leistungen. Und während man vor geraumer Zeit noch beim Begriff Wellness-Ferien primär an Dampfbäder, Saunen und wohltuende Massagen gedacht hat, geht’s in dieser Sparte nun auch ums „Waldbaden“ und das Umarmen von Bäumen. Schlecht ist dieser Trend ganz sicher nicht. Eine Auswirkung wird es aber haben: Dem Sprichwort „Vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen“ kommt sehr bald schon eine ganz andere Bedeutung zu.

-Stefan Senn